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Das MagazinKolumnen

Çiğ Köfte: Das Beste aus der Türkei

Manchmal denke ich zurück an Istanbul, an diese ausufernde, ständig über ihre Ufer tretende Stadt mit dem tosenden Verkehr und den freundlichsten Menschen. Ich denke zurück an das frische Gebäck, das man überall in der Stadt für ein paar Groschen kaufen kann, und an den Tee, der ausgeschenkt wird, wenn man mit der Fähre von Eminönü nach Karaköy fährt, quer über das Goldene Horn.

Spätestens dann beginne ich darüber nachzudenken, warum die türkische Küche nicht den Ruf geniesst, der ihr zusteht. Die türkische Küche ist so vielfältig, heiter und leicht, so beschwingt, würzig und bekömmlich, dass eigentlich jeder zweite Burgerladen in einen türkischen Imbiss umgewandelt werden müsste, wo es Eintöpfe, Salate, Kebabs (die diesen Namen verdienen) und Çiğ Köfte gäbe. Das, denke ich mir, würde eine bessere Welt begründen als die, in der wir gerade leben und uns von Big Macs ernähren müssen.

Ich gebe zu, dass ich meine Erinnerungen an Istanbul etwas aufgefrischt habe, indem ich in Zürich das formidable Restoran Gül besuchte, einen Ort, an dem die türkische Küche auf einem so hohen Niveau praktiziert wird, wie es die türkische Küche verdient – und wie es, wenigstens in west- und mitteleuropäischen Städten, leider nicht die Regel, sondern die Ausnahme ist. Im Anschluss daran traf ich die Entscheidung, meine nächste Mahlzeit mit Çiğ Köfte zu beginnen, wie ich sie in Istanbul und im Gül gegessen habe, und zwar mit deren vegetarischen Varianten.

Klassisch sind Çiğ Köfte natürlich Fleischspeisen – und zwar mit Fleisch, das nie eine Pfanne oder einen Ofen gesehen hat. Die klassischen Çiğ Köfte bestehen aus rohem, gut gewürztem Gehacktem, das zigarrenförmig geformt und in ein Salatblatt eingeschlagen wird.

Den Snack, den jede Region in eigenen Varianten kennt, gab es auch die längste Zeit an Imbissständen und Strassenecken, bis 2008 die türkische Verwaltung einschritt und den Verkauf von rohen Fleischsnacks auf der Strasse untersagte. Seither gibt es umso mehr fleischlose Varianten, und das halte ich nicht nur aus hygienischen Gründen für eine gute Idee.

Der wichtigste Bestandteil für vegetarische Çiğ Köfte ist Bulgur, dieser unter Druck vorgekochte und später fein oder grob geschnittene Weizen. Für Çiğ Köfte braucht es Köftelik Bulgur, eine sehr feine Bulgurvariante, die es sowohl in türkischen Läden als auch in gut sortierten Feinkostabteilungen der Supermärkte gibt.

Wir brauchen folgende Zutaten: 900g Köftelik Bulgur, 900ml heisses Wasser (plus etwas Reserve), 3 Frühlingszwiebeln, in feine Ringe geschnitten, 100ml Passata, 2EL Granatapfelsirup, 200g scharfes Paprikamark (Biber Salçasi), 400g Tomatenmark, 100ml Olivenöl, 1EL Paprikapulver süss, 1EL Isot Biber (fermentierte türkische Chilischoten), 1EL Sumach, 1EL getrocknete Minze, 1TL Kreuzkümmel, Chiliflocken (nach Geschmack), 1TL Salz, 2EL frische, sehr fein gehackte Petersilie, 1 Kopfsalat und 1 Bio-Zitrone nach Belieben.

Bulgur in eine grosse Schüssel geben und das heisse Wasser darüberschütten. Gut umrühren und etwa 15 Minuten quellen lassen. Dann die Passata, den Granatapfelsirup, das Paprikamark, das Tomatenmark, das Olivenöl und sämtliche Gewürze und Kräuter in den Topf geben und gut verkneten. Die Masse soll rot, saftig und elastisch sein. Bei Bedarf noch einmal mit Salz, Pfeffer und Chili nachwürzen. Dann die Masse etwa 45 Minuten ruhen lassen.

Einen Kopfsalat waschen und die Blätter einzeln vorbereiten. Mit den Händen die Çiğ Köfte formen. Sie müssen nicht regelmässig sein, sondern dürfen wie der Griff eines Skistocks aussehen. Jedes ausgeformte Teil in ein Salatblatt packen und auf einem grossen Teller anrichten, allenfalls noch Zitronenschnitze dazugeben, mit denen man die Çiğ Köfte nach Belieben beträufeln kann.

Die Beschaffung sämtlicher Zutaten kann ein bisschen aufwendig sein (falls Sie nicht eh schon längst einen bestens sortierten Kühlschrank und Gewürzkasten haben). Aber das Ergebnis entschädigt für die Mühe – und es lädt dazu ein, beim nächsten Durchgang andere und eigene Schwerpunkte zu setzen, vielleicht etwas schärfere, mildere oder süssere Çiğ Köfte zuzubereiten und dem eigenen Geschmack auf den Grund zu gehen.

Noch was: Das Gericht ist nicht nur vegetarisch, sondern sogar vegan. Wer also das Gefühl hat, das vegane Küche fad oder flach sei, soll sich nur einmal an diesem Rezept versuchen. Er oder sie wird das alte Vorurteil über Bord werfen und die vegane Küche preisen müssen, solange sie so schmackhaft ist wie diese.

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