Ein Hauch von Vernunft
Kopf gab auf alle Fragen so grundvernünftige, faktenbasierte Antworten, dass ich für einen Augenblick dachte, so könnte im öffentlichen Raum doch durchgehend diskutiert werden. Dass ich zwei, drei Tage später, die Flutkatastrophe hatte den Osten Österreichs fest im Griff, in die traurige Realität der Wahlkampfkeiferei zurückgeholt wurde, schmerzte, war aber leider keine Überraschung.
Aber ich wollte eigentlich etwas ganz anderes erzählen. Ich bin ja ein Freund des Vorarlberger Nationalgerichts Käsknöpfle. Die Mischung aus geschmeidigem Teig, angeschmolzenem Käse und gerösteten Zwiebeln ist eine Delikatesse, die natürlich je besser ist, desto besseren Käse man verwendet (mein Paznauner Freund Alfons Parth bereitet seine Käsknöpfle zum Beispiel mit Comté zu). Da die Bregenzerwälder über sehr gute Käsevorräte verfügen – gerade kam mit den Kühen auch der Alpkäse hinunter ins Tal –, sind die Voraussetzungen für formidable Käsknöpfle durchaus gegeben.
Jetzt gibt es freilich ein Problem mit diesem Gericht. Sobald man einen vollen Teller davon verzehrt hat, fällt man in Ohnmacht, hat einen Wackerstein im Bauch wie der Böse Wolf, schwört bei allem, was einem heilig ist, nie wieder etwas zu essen und beginnt eine mehrwöchige Diät.
Das liegt nicht am Gericht selbst, das ich als bestes Comfort Food, als die österreichische Antwort auf „Mac and Cheese“ bezeichnen würde. Es liegt an den Portionen, die uns serviert werden, die von der Almhütte abwärts überall so groß sind, als wären wir die gesamte Kompanie von Holzfällern, die wir aus dem Monty Python-Sketch kennen („I’m a lumberjack / And I'm OK / I sleep all night and I work all day“).
Wenn Sie jetzt die Frage stellen, warum man diese verrückten Portionen tatsächlich aufisst: Weil sie so gut schmecken, warum sonst?
Jetzt hatte ich im „Hirschen“ in Schwarzenberg das Erweckungserlebnis. Dort stehen Kässpätzle nämlich nicht einfach als Monsterportion auf der Speisekarte, mit bekannten Effekten auf den Metabolismus. Der Küchenchef hatte eine bessere Idee. Er serviert, falls gewünscht, eine homöopathische – die Lumberjacks von oben würden sagen, stecknadelgroße – Portion von Käsknöpfle am Anfang des Menüs. Man bekommt den Geschmack und ist entzückt, aber die befürchteten Nebenwirkungen bleiben aus. Man ist sogar in der Lage, nach den Kässpätzle noch zwei, drei Gänge zu essen, was ein Glück ist, weil Küchenchef Jonathan Burger ein Meister seines Faches ist.
Das ist doch der beste Grund, vernunftbasiert kleine Kässpätzle zu bestellen und frohgemut das alte Lied anzustimmen: „I'm a lumberjack / And I'm OK…“